Der als König der Tiere bezeichnete Löwe ist in Leipzig vielerorts zu finden. Kein Wunder, ziert er doch das Wappen der Stadt. Nunja, zugegeben ist die Darstellung eines Löwen in Wappen und Schilden nicht soooo selten. Der Löwe ist nachweislich das (noch vor dem Adler!) am häufigsten verwendete Wappentier, was sicherlich an der positiven Symbolkraft des Tieres liegt. Er ist, mit seinem imposanten Auftreten und majestätischen Ausdruck, Sinnbild für naturgegebene Stärke, Gewandtheit, Tapferkeit und Macht. Schon in der Steinzeit sind Löwendarstellungen zu finden. In der späteren Heraldik ist der Löwe ein beliebtes Wappentier, Symbol für Mut und Herrschaftsanspruch. Selbst als Namenszusatz von Herrschern bringt er Stärke und Macht zum Ausdruck. Denken wir an Heinrich dem Löwen aus dem Geschlecht der Welfen (1142 bis 1180 Herzog von Sachsen ;als Heinrich III.) und 1156 bis 1180 Herzog von Baiern ; als Heinrich XII.).
Ein historischer Abriß: „In der Antike war der Löwe im gesamten Mittelmeerraum verbreitet. In der griechischen Mythologie erscheinen Löwen in verschiedener Funktion: Der Nemeische Löwe wurde als eine menschenfressende Bestie dargestellt, den zu töten eine der zwölf Aufgaben des Herakles war. In der Geschichte von Androklus, einer der Fabeln des Äsop, zieht der Held, ein entlaufener Sklave, einem Löwen einen Dorn aus der Pfote; als er später zur Strafe für seine Flucht den Löwen zum Fraß vorgeworfen werden soll, erkennt ihn das Tier wieder und weigert sich, den Mann zu töten. Der geflügelte Löwe wird in der Bibel erwähnt (Daniel 7,4 EU) und in der christlichen Ikonographie dem Evangelisten Markus zugeordnet. Auch in zahlreichen anderen antiken Kulturen spielte der Löwe eine Rolle. In Ägypten wurden Pharaonen als Sphingen dargestellt, Löwen mit Menschenkopf. Die berühmteste derartige Darstellung ist der Große Sphinx von Gizeh. Die ägyptische Mythologie kannte auch Dedun, den oberägyptischen Gott des Reichtums. In der persischen Kunst wird der Löwe seit über 3000 Jahren häufig dargestellt. Auch dort und später im Islam gilt das Tier bzw. eine mit diesem Beinamen versehene Person als stolz, mutig, autoritär, (meist) männlich und furchterregend kräftig“
Quelle: Wikipedia
„Auch Adson von Melk, der Novize aus Umberto Ecos weltbekanntem Mittelalterroman „Der Name der Rose“ beurteilt den Löwen als Tier, dass „alle Merkmale der entsetzlichsten und der majestätischsten Wesen gleichsam in sich vereint“.
Dieses über Generationen hinweg transportierte Bild und das Erlebnis der eigenen Anschauung des Löwen, wozu christliche Kreuzritter im Mittelmeerraum die Gelegenheit hatten, ließen das Tier zum idealen Zeichen für den von Tugendvorstellungen, christlichen Werten und politischem Herrschaftsanspruch geprägten Adels Europas werden. Es ist daher nicht verwunderlich, dass bei Aufkommen des hochmittelalterlichen Wappenwesens der Löwe immer öfter im Schild des ritterlichen Adels Platz fand. Diese Entwicklung setzte sich unvermindert fort und führte bis ins 18. Jahrhundert hinein zu einer fast inflationären Verwendung des Löwen als Wappentier. Die Motivation zur Wahl des Löwen für das eigene Wappen war dabei aber von Anfang an dieselbe: man versuchte das Wesen des Tieres durch ein Bild einzufangen, um als Träger bzw. bildlicher Wappenführer Anteil am Wesen des Löwen zu gewinnen.“
Quelle: https://hessen.de/Wissen/ -weitere Infos hier-
Der Löwe im Stadtwappen
In Leipzig (Verleihung des Stadtrechtes um das Jahr 1165) zeigt der Löwe, als Herrschaftssymbol des sächsischen Adelsgeschlechtes der Wettiner, die Zugehörigkeit der Stadt zum mittelalterlichen Kursachsen. Für die stolzen Wettiner stand der Löwe zweifelsohne für Mut und symbolisiert als König der Tiere Stolz und Autorität. Zum historische Stadtwappen Leipzigs heißt es auf der städtischen Infoseite:
„Das alte, schon 1240 erwähnte wettinische Wappen zeigt einen aufrecht stehenden Löwen in goldenem Felde. Den Löwen brachte die Stadt Leipzig schon im 14. Jahrhundert auf ihrem Stadtsiegel an. Im 15. Jahrhundert, um 1475, veränderte sich das Wappen. Es hat seit dem einen in der Mitte senkrecht geteilten Schild. Die linke Seite zeigt den meißnischen Löwen, die rechte mehrere senkrecht stehende Balken. Diese Pfähle sind im Leipziger Wappen blau auf gold (bzw. gelb) und werden Landsberger Pfähle genannt. Das Leipziger Wappen vereinigt also (ebenso wie das Dresdner und das Chemnitzer) in sich zwei alte wettinische Wappen.“
Ursprüngliches Stammwappen
der Wettiner als Grafen von Wettin;
Die sogenannten Landsberger Pfähle
Wappen der Wettiner
als Markgrafen von Meißen
Leipziger Stadtwappen
Wappen auf dem Marktplatz
Einen sehr großen Löwen, respektive eine Darstellung im wohl größten Stadtwappen Leipzigs findet man auf dem Leipziger Marktplatz, vorm Alten Rathaus. Hier ziert eine Wappendarstellung die ins Pflaster eingearbeitet wurde den Platz. Einst in einer Fläche von 50 Quadratmetern weißt es seit 29.Juli 2011 gar eine beachtliche Größe von 80 Quadratmetern auf.
Ob das ursprüngliche Pflasterwappen bereits beim Bau des Untergrundmessehauses 1924/25 entstand oder bei der Grundsanierung und Erweiterung 1986/88, konnte ich nicht ermitteln. Jedoch gibt es Ausführungen zur Neuentstehung des Wappens nach der Fertigstellung des Citytunnels, Haltepunkt Markt. Im Zuge des Baus dieser unterirdischen S-Bahn-Haltestelle wurde ab Oktober 2005 das Untergrundmessehaus bis auf das Eingangsbauwerk mit Schmuckdetails im Stile des Art déco (geschaffen von Otto Droge (deutscher Architekt; Seit 912 er in Leipzig ansässig, von 1919 bis 1951 war freier Architekt in Leipzig) abgetragen der Markt anschließend erweitert und „neugestaltet“.
„Die Einordnung erfolgt an gleicher Stelle, an der sich das alte Wappen befunden hat. Es konnte nicht wiederverwendet werden, weil sich durch die Neugestaltung der Innenfläche des Marktes die Abmessungen geändert haben. Aus diesem Grunde musste ein neuer Entwurf nach historischem Vorbild erarbeitet werden. Zudem war das Material des alten Wappens nur noch von schlechter Qualität und bereits lückenhaft. In Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro BHSS hat der Grafiker Hans-Jürgen Böhme nach umfangreicher Recherche ein neues Wappen entworfen, welches die Zustimmung der höheren Denkmalschutzbehörde erhielt. Dieser Entwurf wurde in einer technischen Ausführungsplanung durch das Planungsbüro Arno Krassowski umgesetzt.“
Quelle Bild:https://www.bild.de/regional/leipzig/stadtwappen-wieder-auf-dem-markt-19117658.bild.html
Quelle Text: https://www.leipzig.de/newsarchiv/news/markt-erhlt-stadtwappen-bis-29-juli-zurck
Nun gibt es zum „riesigen“ Stadtwappen im Pflaster des Leipziger Marktes jedoch eine ganz eigenwillige Auffassung. Man sagt, das kein Leipziger, wenn er über den Markt seine Schritte von A nach B lenkt dieses Pfalsterstück, geschmückt mit dem Stadtwappen überschreitet. Aber warum?
Der Leipziger Markt, wie sollte es auch anders sein als zentraler Platz der Stadt, war jeher Ort von Veranstaltungen, Präsentationen, Aufmärschen und Demonstrationen.
„Zwischen 1488 und 1497 wurden zwölf Ritterturniere ausgetragen, und 1585 traten erstmals englische Komödianten auf. Die Siegesfeier der Verbündeten nach der Völkerschlacht 1813 fand am 19. Oktober auf dem Markt statt. Am 3. März 1848 sprach der spätere Abgeordnete der Frankfurter Nationalversammlung Robert Blum (1807–1848) vom Balkon des Rathauses zu 5000 Leipzigern. Der Festumzug zum Allgemeinen Deutsches Turnfest 1863 mit 22.000 Teilnehmern führte auch über den Markt.
Am 17. Juni 1953 war der Markt einer der Orte des Aufstandes in Leipzig, aber auch seiner Niederschlagung in Präsenz sowjetischer Panzer.“ (1)
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Markt_(Leipzig)
(1) Anmerkung: Im Übrigen gibt es hier als „Denkmal“ eine in das Pflaster eingearbeitet Kettenspur und entsprechende Gedenktafel. Aber zugegeben übersieht man die gern und sicherlich ist das nicht mal jedem „Leipzigkenner“ bekannt.
Soweit so gut. Der Grund jedoch für das „Meiden“ dieses Teils des Markplatzes ist ein anderer. Bis ins 19. Jahrhundert war der Leipziger Markplatz auch Richtstätte für die Vollstreckung von Todesurteilen.
„So wurden unter anderen hingerichtet 1525 der Schmied Michael Rumpfer wegen seiner Anführerschaft im Bauernkrieg, 1527 der Buchdrucker Hans Hergot wegen der Verbreitung einer sozialutopischen Schrift, 1537 der Rittergutsbesitzer Moritz Pflugk wegen Ehebruchs und Mordes und als Letzter 1824 der Perückenmacher Johann Christian Woyzeck, der aus Eifersucht seine Geliebte erstochen hatte.“
Heute verwundert es vielleicht, früher war eine solche Hinrichtung ein für Aufsehen und rege Teilnahme sorgendes Ereignis, ein Spektakel für unzählige Schaulustige gar. Also wurde eine, wie auch immer geartete Hinrichtung, meist auf einer gut einsehbaren „Bühne“ auf der Mitte des Platzes durchgeführt. Eben in etwa an der Stelle wo sich nun besagtes Stadtwappen im Pflaster befindet. Betrachtet man es als Aberglaube oder nicht, ein Leipziger geht da einfach nicht drüber ;-)
So ist der Löwe nicht nur im Wappen der Stadt präsent. Dem majestätischen Mähnenträger findet man auch häufig an repräsentativen Bauten der Stadt, an den Fassaden von städtischen Wohnhäusern und schmucken, Gründerzeitvillen in den ehemaligen Vorstädten. Der Löwenkopf wurde als schmückendes Detail offenbar von den Architekten früherer Bauten gern verwendet. Es gibt ihn in zahllosen Ausführungen und künstlerischen Ausprägungen. Ähnlich wie bei den „Charakterköpfen“, die man an den Fassaden vieler Häuser der Stadt findet.
Er fügt sich, den Zeitgeschmack der Entstehungszeit des Gebäudes entsprechend, in das architektonische Gesamtbild ein. Mal als Einzeldarstellung, mal als wiederkehrendes Fassadenschmuckelement in gleicher oder variierender Formgebung. Zumeist thront er über Toreinfahrten, Portalen oder Hauseingängen, ziert aber auch so manch Fensterlaibung oder ist Teil von Ornamentdarstellungen an der Häuserfront. Dazu nun folgend mehr.
Löwen am Leipziger Rathaus
Natürlich ist auch ein "steinernes Wappentier" am Alten Leipziger Rathaus zu finden. Der Löwe aus Porphyr sitzt am Treppenaufgang, das Stadtwappen tragend, im Durchgang Markt/Naschmarkt. Geschaffen wurde er vermutlich 1909, als unter der Leitung des Stadtbaurats Otto Wilhelm Scharenberg das Rathaus umfassend erneuert und umgebaut wurde (1906-1909).
Dabei entstanden auf der Markseite anstelle der einstigen hölzernen Verkaufslauben der, heute noch vorhandene, Arkadengang aus Rochlitzer Porphyr. Über einem Eingang in den Arkadengang (Schmalseite zur Alten Börse) thront dieses Wappentier.
Löwen am Neuen Rathaus
Richten wir unseren Fokus nun auf das Neue Leipziger Rathaus. Hier ist der Figurenschmuck an der Fassade reichhaltig und so sind auch Löwendarstellungen häufig zu entdecken. Selbst hoch oben über den Häuptern der Stadtväter, an den Giebeln des Neuen Rathauses, stehen Löwen.
Auch den Haupteingang des gewaltigen Verwaltungsbaus flankieren im Treppenbereich zwei große Löwen aus Stein. Sie wurden 1905 durch den mit der Ausgestaltung des Fassadenschmuck des neuen Rathausbaus beauftragten Bildhauer Bildhauer Georg Wrba (1872 – 1939) geschaffen. Sie sind die figürlichen Sinnbilder zu „Hüter des Guten“ und „Bezwinger des Bösen“.
Einst schmückten die beiden großen Wappentiere, auf mit Inschriften verzierten Sockeln, das Neue Rathaus am Haupteingansbereich. Heute sind sie kaum noch als solche zu erkennen, die Inschriften gänzlich unleserlich.
Ansicht der Löwenfiguren auf einer alten Ansichtskarte
Die beiden Löwen am Eingangsportal Zustand 28.08.2024 Fotos: NL
Da fragt man sich warum gerade hier, bei diesen repräsentativen Bau, die Stadt auf eine Restaurierung der Wappentiere bisher verzichtet wurde. 2014, als das Neue Rathaus saniert wurde, entschloß man sich gegen eine Restaurierung des Figurenschmucks. „Das Amt für Bauordnung und Denkmalpflege: „Da wurden sie schonend gereinigt und von den dicken Krusten aus Schmutz und anderen Ablagerungen befreit, die sich im Laufe von rund 100 Jahren angelagert hatten.“ „Eine Überarbeitung wäre mit einer starken Veränderung und mit weiteren Verlusten ihrer originalen Oberflächen verbunden gewesen. Das denkmalpflegerische Ziel bestand stattdessen darin, die Skulpturen unverändert zu erhalten.“ (1) Auch 2019, bei der Neugestaltung des Vorplatzes, wurde kein Augenmerk auf die beiden Löwen gelegt. „Das Amt: „Eine erneute Überarbeitung oder der Austausch sind zur Zeit nicht vorgesehen.“ (1)
Und so verwittern Sie wohl weiter bis sie vollständig zur Unkenntlichkeit gealtert sind. Meineserachtens macht das für die Stadt an diesem zentralen Ort keine guten Eindruck, denn der geneigte Betrachter kann die oben Hintergründe einer abschlägigen Restaurierungsentscheidung der Stadt sicher nicht so recht nachvollziehen. Schade!
(1) Quelle: https://www.bild.de/regional -mehr dazu hier-
Die Löwenstelen an den Ein-/Ausfallstraßen der Stadt
Die Informationen zu diesen Steinplastiken, die an den Ausfallstraßen Leipzigs wohl in den 70er/80er Jahren aufgestellt wurden sind sehr spärlich.
Wohl als Ergebnis eines Architekturwettbewerbes soll Sie der Architekt Wolfgang Müller geschaffen haben. Insgesamt gab es gleichgeartete Löwenstelen an fünf Standorten der Stadt. Wie hier an der Delitzscher Straße gibt es eine an der B2 Richtung Borna, in Meusdorf und an der Torgauer Straße Stadtausgang Richtung Taucha. Die fünfte befand sich an der Merseburger Merseburger Straße. Der Standort wurde aufgrund der Verschiebung der Stadtgrenzen im Rahmen der Eingemeindungen aufgegeben. Vor mehreren Jahren wurde der Löwe am Standort Merseburger Straße demontiert.
Auffällig ist, das die Löwenfigur starke Ähnlichkeit mit dem Figurenschmuck auf dem Giebel des Neuen Rathauses hat.
links Ansicht Löwenstele
rechts Ansicht Rathausgiebel
- Die Löwensäule Delitzscher Straße -
Fotos: Norbert Lotz / 03. November 2023
Löwen als Schmuckelement
Handschwengelpumpe -Typ Großer Löwe-
Neumarkt / gegenüber Städtisches Kaufhaus
Löwendarstellungen gibt es in Leipzig, wem wundert es, an vielen Wohngebäuden und Gebäuden städtischer Einrichtungen. Auch an den den historischen Handschwengelpumpen sind sie teilweise heute noch im Stadtbild präsent.
Handschwengelpumpe -Typ Kleiner Löwe-
Universitätsstraße / Höhe Städtisches Kaufhaus
Eine der beiden Löwenskulpturen an Leipzigs ältesten, noch funktionstüchtigen Brunnen und einzigster Doppelhandschwengelpumpe der Stadt.
"Die beiden bronzenen Löwen und
die Pumpenschwengel entstanden nach einem Entwurf des Berliner Bildhauers Johann Gottfried Schadow und wurden in Lauchhammer gegossen. Schadow gilt als bedeutendster Bildhauer des deutschen Klassizismus und schuf auch die Quadriga auf dem Brandenburger Tor."
Säulentragende Löwenstatue am seitlichen Eingang der zwischen 1902 und 1904 unter der Leitung des Architekten Richard Lucht nach einem Entwurf von Stadtbaurat Arwed Roßbach im neoromanischen Stil erbauten Taborkirche in Leipzig-Kleinzschocher.
Einst frei weg Wasser speiend, nun etwas durch ein Fallrohr kanalisiert. Löwenkopf als Schmuckelemnt der Dachentwässerung an der Südfassade der Thomaskirche zu Leipzig.
Am heutigen Gebäude des Bundesverwaltungsgerichtes, dem einstigen Reichsgerichtsgebäude,
das in siebenjähriger Bauzeit von 1888 bis 1895 nach Entwürfen der Architekten Ludwig Hoffmann und Peter Dybwad errichtet wurde, findet man neben zahlreichen Figurenschmuck auch Löwenplastiken in unterschiedlichster Ausführung. Das sich die „Mimik“ der, sich in Dreierfolge immer wiederkehrenden, Löwenköpfe auf die Darstellung von Kläger oder Beklagten im Verlauf des Gerichtsprozesses bezieht ist reine Mutmaßung meinerseits. ;-)
Fotos: Norbert Lotz 09/2023
Vielleicht hat sich ja der Architekten, eher vielleicht der Restaurator des Wohnhauses Eutritzscher Straße 9, von diesen Löwendarstellungen inspirieren lassen. Denn hier findet man, zugebener maßen etwas lustig aussehende Löwenköpfe gleicher "Mimikabfolge":
Fotos: Norbert Lotz / 11/2023
Löwenfigur am Hauptgiebel des 1912-1913 erbauten „Städtisches Leihhaus“ am Wilhelm-Liebknecht-Platz (damaligen Yorkplatz) im Leipziger Stadtteil Gohlis. Architekt: Otto Wilhelm Scharenberg. Das Leihhaus war damals das erste Gebäude der Stadt, welches mit Fernwärme versorgt wurde.
Wohl einer der größten Löwenkopfdarstellungen der Stadt, jedoch schwer aus der Perspektive der engen Magazingasse heraus zu fotografieren: Löwe am oberen Gebäudeabschluß neben dem historischen Schriftzug "Leipziger Elektricitätswerke".
Dieses Gebäude (Magazingasse Nummer 3) war eine Unterstation bzw. ein Akkumulatorenhaus der Leipziger Elektrizitätswerke, erbaut von 1894 bis 1895, unter Mitwirkung von Paul Möbius. Hier wurde ehemals Drehstrom in Gleichstrom zur innerstädtischen Stromversorgung umgewandelt.
Sonne oder Löwe? Ich denke Löwe, sonst wär dieser Fassadenschmuck an der Alten Börse hier fehl am Platze. Aber eigenwillig nach Sonne sehen die Löwenkopfdarstellungen mit breit aufgestellter Mähne schon aus, oder?
Wappentragendes Löwenpaar am König Albert Haus Markt/ Ecke Barfußgäßchen. Das Gebäude der historischen Bausubstanz am Leipziger Markt, gegenüber dem Alten Rathaus, wurde zu Ehren König Albert von Sachsen im Jahr 1913 nach Plänen des Architekten Emil Franz Hänsel erbaut.
Einer der beiden, das Eingangsportal Brühl 54, flankierenden Löwen des einstigen Pelzhandelshauses Gebrüder Felsenstein.
Die 1851 als Handschuhmanufaktur in der Nähe von Fürth gegründete Firma Gebr. Felsenstein war seit 1860 im Pelzhandel tätig und baute nach 1885 in Leipzig eine Filiale auf. Um 1900 erwarb sie Am Brühl 52 und 54 zwei nebeneinanderliegende Grundstücke und errichtete dort ein eigenes Handelshaus.
Selbst in den ehemaligen Leipziger Vororten, wie hier an einem schönen Wohngebäude in Gohlis, Ludwig-Beck-Straße 18 / Ecke Breitenfelder Straße, schmückten die Architekten die teils sehr prunkvollen Gebäude mit Löwenfiguren.
Dieser schlafende Löwe befindet sich im heutigen AGRA-Park Leipzig-Markleeberg. Ob die Figur zum einst zum Schmuck des, durch den den Zeitungsverleger Paul Herfurth angelegtem Park gehörte, welchen er auf dem zum Vorwerk Raschwitz gehörigen ehemaligen Wiesengelände anlegen lies, ist nicht nachweisbar. Jedenfalls befindet sich die Statue in der Nähe das 1896/97 für Herfurth als Sommersitz erbaute schlossartiges Gebäude, dem sogenannten „Weißen Haus“.
Zwei prächtige Löwenfiguren flankieren den Eingang der Villa Angerbrücke, Jahnallee 54 in Leipzig- Lindenau. Die Villa wurde im Jahr 1880 vom Architekten Bruno Grimm für den Kaufmann O. E. Beyer als Villa errichtet . Damals lag Sie noch recht weit vor den Toren der Stadt, in Lindenau, Adresse: Oststraße 7.
“Im Jahr 1912 war der Friedrich Adolf Schulz Besitzer der Villa. Er betrieb auf dem Grundstück in Fa. Fritz Schulz jun. AG eine Fabrik für chemisch-technische Produkte. Am 14. Oktober 1919 kaufte die Große Leipziger Straßenbahn die Villa wegen des ursprünglich viel größeren Grundstücks, das nach dem Abbruch der Fabrik bis 1925 mit einem Teil des Straßenbahnhofs Angerbrücke überbaut wurde. Die Villa diente zunächst als Beamtenwohnhaus, später als Ärztehaus und Sitz der Betriebskrankenkasse.
Das denkmalgeschützte Gebäude auf dem jetzt nur noch 1 690 Quadratmeter großen Grundstück wurde 2008/09 saniert und dient jetzt als Gesundheitszentrum.“
https://www.leipzig-lexikon.de/VillaBeyer
Bei der umfassenden Restaurierung des Gebäudes wurden auch die völlig verwitterten Löwenskulpturen nach alten Abbildungen von einem Steinmetz neu geschaffen. Ehemals aus Kalkstein nunmehr aus Sandstein.
Fotos: Norbert Lotz 06/2024
Löwen an Hauseingangstüren
Nicht nur als steinerne Schmuckelemente sind Löwenköpfe in Leipzigs Straßen zu finden. So manche wunderschöne historische Hauseingangstür, meist gänzlich Schmuckstücke alter Schreibkunst, schmückt ein Löwenkopf in Holz. Hier einige Beispiele:
Löwenköpfe gibt es auch an Eingangstüren als metallene Türklopfer. Wie hier aus Messing(?) in der Hainstraße 2.
Löwen im Leipziger Zoo
Der Leipziger Zoo wurde am 9. Juni 1878 durch den Leipziger Gastwirt Ernst Pinkert (1844–1909) als privater zoologischer Garten auf dem Ratsgut Pfaffendorf gegründet. Löwen gehörten schon immer dazu. Nicht zuletzt, weil Pinkert von diesen großen Raubkatzen angetan war.
Bereits über dem Haupteingang zum Zoo wird der Besucher durch eine Löwenplastik über dem großen Eingangsportal begrüßt.
Über die Jahrzehnte entwickelte sich der Zoo (auch) mit seiner Löwenzucht zu den aktivsten und angesehensten zoologischen Gärten weltweit. Die Haltungsformen und Präsentation der Tiere änderte sich rigoros. Das altehrwürdige Löwenhaus, oft Ziel von Zoobesuchen zu Kindheitstagen, wird nicht mehr als Tierkäfighaus benutzt. Für die großen Raubkatzen wurde 2001 die Löwensavanne „Makasi Simba“ eröffnet.
Der Löwe ist nicht zuletzt durch den Leipziger Zoo auch als „lebendiges Exemplar“ mit der Stadt eng verbunden. Stattlich ist so ein Afrikanischer Löwe:
Körperlänge: 140-190 cm; Schwanzlänge: 70-105 cm; Schulterhöhe: 80-120 cm. Bis zu 20 Jahre kann er alt werden. Zugegeben hatte ich gedacht er wird älter, aber ja, letztendlich ist es eine Katze :-)
"Wussten Sie schon?
Der Zoo Leipzig ist historisch gesehen einer der größten Löwenzüchter weltweit. So kamen hier schon über 2.300 Löwen zur Welt. 2001 wurde unsere neue Löwenanlage Makasi Simba eröffnet, in der man die Löwen bei ihren täglichen Aktivitäten beobachten kann.
Afrikanische Löwen sind die einzigen geselligen Katzen. Ihre Rudel bestehen meist aus 1–3 verwandten Männchen und bis zu 10 Weibchen und deren Jungtieren. Während die Löwinnen auf die Jagd gehen und für den Nachwuchs sorgen, verteidigen die Männchen das Rudel. Ihre auffällige Mähne dient bei Kämpfen als Schlagschutz und ist ein Statussymbol. Männchen mit großen und dunklen Mähnen werden von Weibchen bevorzugt. Das Löwengebrüll ist über 5 km weit hörbar."
Quelle: https://www.zoo-leipzig.de/tier/afrikanischer-loewe/
Der "unsterbliche" Löwe Tamrin
Tamrin war der letzte Löwe der im Leipziger Zoo sein Leben im alten Raubtierhaus verbrachte, bevor die neue Löwensavanne entstand. Er starb im Juli 2000 im Alter von 19 Jahren. Der Zoo übergab das Löwenfell an das Leipziger Naturkundemuseum zur Anfertigung einer Plastik.
Der Präparator Horst Spicale, der 1972 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2003 in unserem Museum arbeitete, stellte sich dieser Herausforderung. Zunächst musste für das neue Innenleben des Löwenfells ein künstlicher Körper beschafft werden. Diese kostenintensive Nachbildung eines Löwenkörpers aus PU-Schaum fertigte eine Firma in den USA. Die Kosten dafür übernahm zum Teil die Sparkasse Leipzig. Nach Übernahme der Plastik stellte sich jedoch heraus, das der Körper aus Hartschaum nicht zum Körperbau des Löwen Tamrin paßte. Er war einerseits zu groß und andererseits zu mager. Um das Fell paßgenau überziehen zu können, bearbeitete Horst Spicale den Hartschaumkörper. Es wurde gesägt, geschnitzt, geraspelt und abgetragen wo etwas zu viel und aufgetragen und ergänzt, wo etwas zu wenig war.
Dann war die Tierplastik mit Originalfell fertig und Löwe Tamrin bekam ein zweites, „ewiges“ Leben.
Die Leipziger und „Ihre Löwen“
Irgendwie ist es nicht verwunderlich, das die Leipziger eine doch recht enge Beziehung zu Ihrem Wappentier aufbauen konnten. Löwenbabys waren in früheren Jahren beim Besuch des Leipziger Zoo willkommene „Mitglieder“ von Erinnerungsfotos. Harmlos erscheinend lagen Sie quasi hautnah auf dem Schoß der fotohungrigen Zoobesucher. Ob Mann, Frau und/oder sogar Kind gingen damals sprichwörtlich mit dem Löwennachwuchs auf Tuchfühlung. Ich weiß nicht ab und bis wann im Leipziger Zoo diese Möglichkeit bestand, ich kann bildlich jedoch ein familiäres Beweisfoto beisteuern welches meine Oma, meinen Opa zusammen mit meiner Cousine und eben besagten lebendigen! Löwenbaby zeigt:
Meine Oma Gertrud, Mutti Helga, Opa Paul und meine Cousine Christin auf einem Erinnerungsfoto bei einem Zoobesuch in den 70er Jahren.
Die Aufnahme und Aufzucht von Löwen im Leipziger Zoo war nicht immer erfolgreich. Auch in der "Neuzeit" musste man immer wieder mit Rückschlägen leben. 2001 wurde im Zoo die aus Spenden finanzierte Löwensavanne eröffnet. Sie nimmt eine Fläche von etwa 1400 Quadratmetern ein, davon 825 m² im Außenbereich.
"2001 zogen drei Hybrid-Löwen, zwei Männchen und ein Weibchen, in die neu erbaute Anlage ein. Trotz langfristiger Gewöhnung der Männchen an das Weibchen am Sichtgitter tötete ein Männchen das Weibchen beim ersten Kontakt. Die Männchen wurden anschließend an einen anderen Zoo abgegeben. 2002 und 2003 erhielt der Zoo aus dem Zoo Lissabon insgesamt 3 junge Angola-Löwen. Eine Katze verstarb 2004 an einer akuten Leukämie. Da die verbliebene Katze ihre Jungtiere nicht annahm bzw. kurz nach der Geburt erneut rollig wurde, entschied man sich schließlich zur dauerhaften Kontrazeption. Nach dem Tod der Katze verließ der zurückgebliebene Kater den Zoo am 12. August 2016 in Richtung Jaderberg."
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Zoo_Leipzig
Als der erste Leipziger Zoodirektor Ernst Pinkert am 28. April 1909 starb fand er seine letzte Ruhestädte in einem repräsentativen Grab auf dem Leipziger Nordfriedhof. Pinkerts Leidenschaft galt bei seiner Tätigkeit als Zoodirektorganz besonders den Löwen. Ihm ist die weltberühmte Leipziger Löwenzucht zu verdanken. Und, wie sollte es anders sein, schmückt und beschützt den Sarkophag seither ein großer liegender, steinerner Löwe.
Der Löwe als Markenzeichen
Die Leipziger lieben „Ihre Löwen“ und nicht nur wegen dem „Löwencenter Leipzig“
Was wie eine Aufzuchtstation für Löwen klingt ist ja bekanntlich ein Konsumtempel am Leipziger Stadtrand, natürlich mit löwenstarken Angeboten ;-) „Herzlich willkommen im Löwen Center Leipzig! Wir bieten Ihnen mit rund 30 Shops auf 42.000 Quadratmetern starke Vielfalt zu niedrigen Preisen und den besten Service. Entdecken Sie das Löwen Center, Ihren starken Partner für den Einkauf in Leipzig!“
Nicht selten verwenden Leipziger Unternehmen, Vereine und Institutionen eine Löwenkopfdarstellung in Ihrem Logo. So gibt es zahlreiche Sicherheitsunternehmen, Wachdienste und Personalserviceagenturen, die einen Löwen im Markenzeichen und/oder „Löwen-„ im Namen haben. Es existiert ein Angelverein, die „Leipziger Löwen e.V.“, die allerdings einen Karpfen im Vereinswappen tragen. Ein bekanntes Leipziger Taxiunternehmen präsentiert sich als „Löwen-Taxi“ mit freundlichem Löwenkopf-Antlitz.
Sportlich gesehen sind in Leipzig Löwen stark vertreten. da gibt es den Sportverein die „Leipziger Sportlöwen e.V.“
Und beim „Schwimm- und Sportvereins Leutzsch e.V.“ werden allmählich Wettkämpfe rund um die Vergabe des Leipziger Löwenpokals ausgetragen.
Neben sicherlich noch zahlreichen anderen Firmen und Institutionen, die sich mit dem Leipziger Wappentier schmücken, gibt es sogar den 1. Leipziger Löwenfanclub, der am 11.04.2009 gegründet wurde:
Die Leipziger Löwenjagd
In der Leipziger Historie gibt es im Bezug auf Löwen in der Stadt auch denkwürdige Ereignisse, die jedoch aus heutiger Sicht fast schon absonderlich anmuten. Insbesondere der "marketingtechnische Aspekt", so würde man es sicher in der heutigen Zeit formulieren, scheint ideenreich aber teils sonderbar. So geschehen bei der sogenannten "Leipziger Löwenjagd". Es begab sich im Jahre 1913, gerade als zur Einweihung des Leipziger Völkerschlachtdenkmals viel Publikum und Prominenz in der Stadt weilte. Aus dem Bestand eines Zirkus, der während der Feierlichkeiten in der Stadt gastiert hatte entflohen 8 stattliche Raubkatzen, die dann in Leipzigs Straßen für Aufsehen sorgten und zur sog. Löwenjagd führten.
Die ausführliche Version der Ereignisse: "„Anlässlich der Feierlichkeiten zur Einweihung des Völkerschlachtdenkmals am hundertsten Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig hatte der Zirkus Barum mehrere Tage in Leipzig gastiert. Das Zelt war auf dem Messplatz an den Frankfurter Wiesen aufgestellt, wo seit 1907 auch die Leipziger Kleinmesse (♁Karte) stattfand. Heute befindet sich an dieser Stelle die Arena Leipzig.
Gleich nach der Abendvorstellung des 19. Oktober wurden die Tiere per Pferdewagen zur Verladung auf den Güterbahnhof gebracht. Die Fahrt ging über die Auenstraße (heute Hinrichsenstraße) in Richtung Berliner Straße, um zum Preußischen Freiladebahnhof nördlich der Roscherstraße zu gelangen. Die Kutscher des Löwen- und des Bärenwagens stellten ihre Fuhrwerke unbeaufsichtigt vor der Bierkneipe Graupeter in der Berliner Straße 42 ab und besuchten diese. Die Pferde des hinteren Wagens mit den Bären wurden unruhig und durchstießen mit der Wagendeichsel die Rückwand des Löwenwagens, worauf acht der zehn Löwen ins Freie entkamen, weil – es war neblig – auch noch eine Straßenbahn die nun auf die Gleise geratenen Fuhrwerke rammte.
Der Streifenpolizist Bruno Weigel und weitere herbeigerufene Polizisten, vornehmlich aus der 8. Polizeiwache in der Yorckstraße (jetzt Erich-Weinert-Straße), eröffneten das Feuer auf die Tiere und töteten in kurzer Zeit fünf von ihnen. Der Zirkusdirektor Arthur Kreiser und der Direktor des Leipziger Zoos Johannes Gebbing und sein Oberwärter Hermann Fischer, die mit weiteren Mitarbeitern inzwischen eingetroffen waren, beschlossen, die drei verbliebenen Löwen, die sich vor der Schießerei zu retten versucht hatten, lebend einzufangen."..."Mit einer Kastenfalle konnten Polly im Hotel sowie ein weiterer Löwe in einem Hof in der Berliner Straße problemlos eingefangen werden. Auf den letzten, schon von den Fängern eingekreisten Löwen – es war Abdul – warf einer der Umstehenden einen Stein, sodass dieser zu einer Bewegung ansetzte, worauf die Polizei wieder das Feuer eröffnete und ihn erschoss. Bei der Obduktion Abduls wurden 165 Treffer gezählt.
Nach Beendigung der Hatz präsentierte man die erlegten Großkatzen mit den erfolgreichen Jägern in der 8ten Polizeiwache. Natürlich machte man davon ein Foto und später gingen auch Postkarten in den Druck:
Dann ab mit den toten Löwen in den Zoo, sozusagen als "Ausstellungsstücke" eine ganze Woche lang und natürlich für weitere Erinnerungsfotos und Postkartenmotive.
"Die sechs getöteten Löwen waren eine Woche lang im Wirtschaftshof des Leipziger Zoos zu besichtigen. In einem Gerichtsprozess wurde einer der Kutscher zu fünf Tagen Haft oder 25 Mark Geldstrafe verurteilt, was etwa einem Wochenlohn entsprach, und der Zirkusdirektor Kreiser zu zehn Tagen oder 100 Mark Geldstrafe wegen „Unterlassung erforderlicher Vorsichtsmaßregeln zur Verhütung von Beschädigungen bei der Haltung bösartiger oder wilder Tiere“ (§ 367 Ziffer 11 StGB). Härter traf ihn der Verlust der sechs Löwen im Wert von 30.000 Mark."
Eines der bekanntesten Bilddokumente von der Leipziger Löwenjagd ist diese alte Ansichtskarte mit erklärendem Text auf der Vorderseite. Zu sehen sind die sechs erschossenen Großkatzen und dahinter die Raubtierpflegern (rechts Hermann Fischer), die zwei Löwen einfingen und ihnen so das Leben retteten.
Text auf der Kartenrückseite „Am 19. Okt. 1913 Nachts gegen 12 Uhr entkamen aus einem Transportwagen des Zirkus Barum in der Blücherstraße in Leipzig 8 Löwen. Einer wurde von den hier abgebildeten Wärtern in einem Hotel in der Blücherstraße mittels Kistenfalle eingefangen. Ein 2. wurde in einem Hofe der Berliner Straße gefangen, während die übrigen 6 Bestien durch Revolverschüsse von Lpzg. Schutzleuten getötet wurden.“ Rechts ist der Raubtierpfleger Hermann Fischer abgebildet, er hat im Leipziger Zoo eine Vielzahl von Löwen aufgzogen.
Der "Löwenstein"
Es soll ihn sogar immer noch geben, den kleinen Stein, der als Wurfgeschoß bei der Leipziger Löwenjagd eingesetzt worden sein soll. Ob es sich jemals um den tatsächlichen Stein aus diesen Tagen gehandelt hat und er noch immer ein original Zeitzeugnis der Ereignisse ist...Man weiß es nicht ;-)
Dazu jedenfalls gibt es eine recht glaubwürdige Geschichte:
Foto und Autorin Text Silvia Drescher
"Bei der Jagd auf den Löwen »Abdul« warf ein Passant einen Stein. Folglich setzte sich das umstellte Tier in Bewegung, rannte in Richtung der schussbereiten Polizisten und wurde schließlich durch 165 Pistolentreffer getötet.
Der Passant nahm sich den »Löwenstein« als Andenken an seine Beteiligung an der Löwenjagd mit und bewahrte ihn auf.
Der Passant kannte meinen Uropa, denn beide waren Studienfreunde. Sie hatten zusammen die Einweihung des Völkerschlachtdenkmals miterlebt und waren an jenem 19. Oktober 1913 gemeinsam im Zirkus Barum gewesen. Auf ihrem Weg nach Hause wurden sie in die Löwenjagd verwickelt und beteiligten sich an der Jagd.
Am Ende der gemeinsamen Studienzeit in Leipzig schenkte der Passant meinem Uropa zum Abschied den Löwenstein. Dieser nahm ihn bei seinem Umzug mit nach Pausa, denn dort lebten er und seine Familie nach seinem Studium. Seine Tochter (meine Oma) hörte staunend zu, wenn er die Geschichte des Löwensteins erzählte. Im Lauf der Jahre geriet der Stein in Vergessenheit. Keiner wusste mehr, wo er sich befindet."
"Der Fund. An einem verregneten Samstagvormittag suchte ich auf unserem Dachboden nach einem Buch. Als ich in einem alten Schrank nach sah, entdeckte ich einen Stein. Ich dachte mir nichts dabei und ließ ihn, nachdem ich das Buch gefunden hatte, auf dem Schrank liegen. Am Nachmittag, als meine Oma gerade die Wäsche aufhängte, hörte ich auf einmal einen Freudenschrei. Schnell eilte ich zu ihr. Sie rief immer wieder: »Der Löwenstein!« Aufgeregt erzählte sie mir die Geschichte des Steins, wie er bei der Leipziger Löwenjagd verwendet wurde, wie ihn der Passant meinem Uropa geschenkt hatte und dass ihr Vater ihr immer diese Geschichte erzählt hatte.
Die Geschichte des Löwensteins erzählt mir meine Oma seitdem immer wieder, wenn wir zusammen auf dem Dachboden stöbern oder wenn die Worte »Völkerschlacht« oder »Völkerschlachtdenkmal« in einem Gespräch fallen. Für sie sind die Einweihung des Völkerschlachtdenkmals und die Leipziger Löwenjagd untrennbar miteinander verbunden und für mich seit meinem Fund auch."
Wie oben schon bei der "Zurschaustellung" der erlegten Löwen erwähnt, reagierten die Postkartenverlage als erste mit Fotopostkarten und lustigen Karikaturen auf die Leipziger Löwenjagd am 19. Oktober 1913. So zum Beispiel mit diesem gezeichneten Motiv:
Löwen als Werbemittel der etwas anderen Art
Eine der Löwen, die die wilde Jagd der Polizei überlebte war die Löwin Polly, die sich in das nahegelegene Hotel Blücher in der Blücherstraße 20 (jetzt Kurt-Schumacher-Straße) rettete. Dort sperrte man sie vorerst in einer Toilette ein, bis es den Tierpflegern gelang sie lebend zu fangen. Ein Geschehen, welches das Hotel später zu nutzen wusste und es werbetechnisch auf hauseigenen Postkarten verwendete.
Neben dem Hotel Blücher nutzten auch andere Institutionen der Stadt, insbesondere im Fremdenverkehr und in der Gastronomie den Vorfall mit dem geflüchteten Vertretern des Leipziger Wappentiers für ihre Werbung. Im bekannten "Auerbachs Keller" wartete man sogar mit einer speziellen "Löwen-Speisen-Karte" auf. Obwohl alle mit dem Zusatz "Löwen.." versehenen Speisenangebote reine Phantasiebezeichnungen waren (echtes Löwenfleisch wurde nicht verarbeitet), war es sicherlich ein damals Aufsehen erregender werbetechnischer Schachzug. Viele Wirte und Hoteliers nutzten die "Leipziger Löwenjagd" für ihre hauseigene Werbung und Besucherakquise. Neben "Auerbachs Keller" so auch "Aeckerleins Keller", ein Weinlokal am Markt 11 in dem man in der Folgezeit der "Großen Löwenjagd" musikalisch-literarisches Feinschmeckeressen veranstaltete.
Selbst der in Chemnitz ansässige Strumpffabrikant Wilhelm Dohmen wollte mit einer doch recht eigenwilligen "Verknüpfung" der Ereignisse bei der "Leipziger Löwenjagd" mit seinen Wanderluststrumpffabrikaten seine Produkte bewerben. Zu sehen auf 6x5 cm großen Reklamemarken die er 1913 in Umlauf brachte. Diese alten Reklame- oder auch Ereignismarken (zwischen 1900 und 1918) wurden seinerzeit für die Werbung benutzt und fleißig gesammelt.
Bei Löwenjagden sind Wanderluststrümpfe unentbehrlich.
Strapazier-Strümpfe bewähren sich bei Löwenjagden vorzüglich.
Der Löw' ist los, Wanderluststrümpfe sind tadellos.
Wanderlust-Strümpfe hätten bei Löwenjagden in Gebrauch sein sollen
Schulstrümpfe machen bei jeder Gelegenheit gute Schule.
Fragen Sie nach Essinddie-Söckchen im nächsten Wollwaren-Geschäft!
Anmerkung: 1920"...kommen zirka 70 % des amerikanischen Marktes und schätzungsweise 80% des Weltmarktes an Strumpfwaren aus den sächsischen Strumpffabriken im Erzgebirge und dem Chemnitzer Vorland." Mehr dazu gibt es hier zu lesen
Eine Löwenstatue wandert...
Gemeint ist die Statue eines liegenden Löwen, die einst das Kriegerdenkmal im alten Augusteum schmückte mit ihrem wechselvollem Standort. Das auch als "Löwendenkmal der Universität Leipzig" bezeichnete Denkmal war ein Kriegerdenkmal für die im Ersten Weltkrieg gefallenen 1396 Studenten und Hochschullehrer der Universität Leipzig.
"Die feierliche Enthüllung des von August Gaul (1869–1921) gestalteten und von Max Esser (1885–1945) und Ludwig Nick (1873–1936) vollendeten Denkmals erfolgte am 31. Oktober 1924 in der Wandelhalle im Augusteum der Universität Leipzig. Gestiftet wurde es von dem Fabrikanten und Kommerzienrat Heinrich Toelle aus Blauenthal im Erzgebirge. Es zeigt wie viele derartiger Denkmäler die gedankliche Nähe der Studenten wie auch vieler Professoren zum untergegangenen Kaiserreich und Rechtfertigung des I. Weltkriegs als angeblichem "Verteidigungskrieg". Diese symbolisieren bzw. heroisieren Werte wie Stärke, Wehrhaftigkeit, Treue zum Vaterland und Opferbereitschaft. Dieser Löwe ist als Grablöwe in seiner Funktion zu charakterisieren."
Als man 1968 die Paulinerkirche und die alten Geübte der Leipziger Universität, so auch das Augusteum für die Umsetzung sozialistischer Architekturpläne sprengte wurde der Sockel aus Sandstein, der wie ein Sarg gestaltet war, vernichtet. Der liegende Löwe aus Kirchheimer Muschelkalkstein jedoch blieb erhalten. In den 70er Jahren (bis 1993) schmückte er, Wind und Wetter schutzlos ausgesetzt, einen Treppenaufgang auf dem Sachsenplatz. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie dieser Löwe von Kindern (auch von mir) gern angenommen Klettergerät bei einem Innenstadtbesuch war. Einen Hinweis auf den ursprünglichen Standort suchte man natürlich damals vergeblich.
Dann zog der Löwe weiter, erst ins Treppenhaus des Rektoratsgebäudes und 2014 hat er seinen definitiven Aufstellungsort gefunden. Im Neuen Augusteum. An fast gleicher stelle wie das ursprüngliche "Löwendenkmal der Universität Leipzig" im alten Augusteum. Der Sockel wurde nachempfunden. Er trägt (bisher) keine Inschriften. Leider fehlt auch ein Hinweis auf das ursprüngliche Denkmal. Der Hintergrund ist jedoch mit einer schönen Ansicht der alten Bausubstanz gestaltet. Der Zustand des Sandsteinlöwen schlecht ist. Die Verwitterung seines "Freiluftaufenthaltes" auf dem Sachsenplatz sind augenscheinlich.
Bei diesem Löwen am Haus Menckestraße 24 in Gohlis stellt sich dem Betrachter die Frage: Kann man Löwen eigentlich dressieren, so nach dem Motto, hol das Stöckchen, den Ring? ;-)
...sooo. Mit dieser (nicht ganz ernst gemeinten) Fragestellung beende ich die Jagd nach Löwen in Leipzig.
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